„Don Giovanni“ im Teo Otto Theater

Don Giovanni – ein Verführer, Vergewaltiger und Mörder. Wolfgang Amadeus Mozarts Oper zeigt ihn an seinem letzten Tag im Leben, reißt ihn in einen Strudel an Ereignissen und stellt ihn vor die Wahl: Tugend oder Tod – am Ende steht die Fahrt in die Hölle.

Mozart nannte sein Werk, nach dem Libretto Lorenzo da Pontes, ein „Dramma giocoso“, ein „heiteres Drama“ und schrieb dazu eine facettenreiche Musik: von der schicksalshaft-pochenden Ouvertüre bis zum ironisch-heiteren und trotzdem tragischen Finale. Nur: Was ist heiter an der Geschichte?

Das wurde den Zuschauern am Samstag Abend im gut besuchten Teo Otto Theater in der Inszenierung von Igor Folwill deutlich: Die einzelnen Charaktere sind komisch und tragisch zugleich durch die strikte Weigerung, die ihren Taten folgenden Konsequenzen anzunehmen. Zerlina flirtet und ziert sich doch So flirtet beispielsweise die bereits verheiratete Zerlina (spielfreudig und mit dunkel-sinnlichem Sopran von Lisa Wedekind gesungen) heftig mit Don Giovanni – und ist entsetzt, als dieser ihr „Angebot“ anzunehmen gedenkt.

Dass Folwill mehrere Milieus aufeinander prallen lässt – Zerlina kommt aus der Gothic-Szene, Don Ottavio gibt sich als schleimig-rückgratloser Adeliger -schafft ein Umfeld, in dem es Don Giovanni schwer hat, Fuß zu fassen. Manfred Kaderks Bühnenbild richtet das Zentrum der Bühne auf die Hauptfigur und lässt die Akteure auf einer riesigen Liste mit den Namen von Don Giovannis „Verflossenen“ agieren. Musikalisch ging das Konzept auf: Die Bergischen Symphoniker spielten unter der Leitung von Stephan Wehr Mozarts Musik drängend und dicht, dabei rhythmisch prägnant und spannungsvoll.

Wunderbar die Protagonisten: John Janssen portraitierte einen brutalen und groben Titelhelden mit rauen vokalen Mitteln – das Presto der Champagner-Arie verleitete ihn etwas zum „Bellen“ – überzeugte aber durch dramatisch eloquentes Agieren, vor allem in der Finalszene mit dem voluminös gesungenen Komtur des Josef Yong Chul Lim. Raimund Fischer brachte für die Partie des Leporello Spielfreude und Parlando-Agilität mit.

Raphael Pauß als Don Ottavio, der zwar gut den spanischen Beau mimte, aber seine große Arie durch mangelnde Atemreserven quasi zerstückelte. Frauenstimmen ohne Fehl und Tadel Herausragend die Damenriege: Nam-Young Kim mit sicher platzierten Spitzentönen als Donna Anna und Maria Ryu mit edel timbriertem Sopran als Donna Elvira, die gleichzeitig hysterisch und verletzlich singend eine fantastische Leistung bot. Sehr gut gelangen die Ensembleszenen, zumal der Chor, bestehendaus dem Theaterchor Solingen und dem Opernchor der Musikhochschule Köln, spielfreudig seinen Teil zum Ganzen leistete.

Das Publikum war begeistert – und amüsiert, denn: Wenn all diese fehlerhaften Menschen zum Schluss die Moral hochleben lassen, dann ist das schon komisch und wie von Mozart gewollt ein „heiteres Drama“.

(Quelle: https://www.pipeline.de/cgi-bin/pipeline.fcg?userid=1&publikation=2&template=druck.html&redaktion=2&artikel=109101935)